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Vorurteile und welchen Schaden sie anrichten können

  • Was denkst du, wenn du eine hübsche Frau in figurbetontem Top und Minirock siehst? Dass sie auf Beutefang ist und/ oder leicht zu haben ist?
  • Wie wirkt ein gemütlicher, junger Mann mit auffälliger Brille auf dich, der 2 Tüten Chips und ein Sixpack Bier unter dem Arm trägt? Typisch Student? Gamer?
  • Du begegnest einer sehr jung aussehenden Frau mit Baby. Welche Gedanken schießen dir durch den Kopf: Ob das Baby gewollt war? Sie ist bestimmt überfordert mit dem Baby. Weiß sie überhaupt, welche Verantwortung sie da trägt?
  • Bist du schon mal einem älteren Herrn oder einer älteren Dame begegnet, die ein Smartphone in der Hand gehalten haben? Dachtest du dir bei dem Anblick mitleidig: Die ältere Generation ist doch komplett überfordert mit dieser neuen Technik!?

Das, was ich hier beschrieben habe, sind Vorurteile.

Wir beurteilen Menschen und auch Situationen aufgrund unserer bisher gesammelten Erfahrungen und aufgrund von oberflächlichen Merkmalen.

Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, dass die hübsche Frau sich sexy anzieht, weil sie stolz auf ihre Gewichtsabnahme ist und sich endlich traut, zu ihrem Körper zu stehen, ohne Hintergedanken?

Oder dachtest du bei dem gemütlichen jungen Mann daran, dass er gerade seine Führerscheinprüfung bestanden hat und mit seinen Freunden darauf anstoßen möchte?

Könnte es nicht auch sein, dass die sehr jung aussehende Mutter schon fast 30 Jahre alt ist und sich jahrelang auf diese wundervolle Aufgabe vorbereitet hat?

Weißt du, dass es sehr technikbegeisterte Senioren gibt, die dir vielleicht noch etwas beibringen könnten?

Wenn wir ohne Nachforschungen einfach urteilen, kann es schnell passieren, dass wir damit total daneben liegen!

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Warum ist es schlimm seine Vorurteile laut zu äußern?

Tatort Familienfeier. Wer kenn es nicht: Man trifft 1-2 Mal im Jahr auf Menschen, mit denen man das restliche Jahr über nichts zu tun hat, die man eigentlich gar nicht richtig kennt, die sich aber trotzdem das Recht herausnehmen, sich in unser Leben einzumischen.

 

Vor vielen Jahren wurde ich in genau so einer Situation vor der gesamten Familie bloßgestellt: Laut wurde mein Name genannt, sodass alle Anwesenden ihre Blicke auf mich richteten. Dann kam die Frage: "Warum hast du keinen Job? Willst du dein Leben lang Party machen?"

Die Frage nach dem "Warum" war rein rhetorischer Natur, denn ich bekam keine Möglichkeit, darauf zu antworten. Stattdessen musste ich mir einen Vortrag darüber anhören, wie es im Leben läuft und dass man sich auch mal bemühen müsste. Mir wurde Faulheit unterstellt.

 

Diese Person urteilte über mich, obwohl sie mich kaum kannte. Das Einzige, was diese Person von mir wusste, war, dass ich in der Vergangenheit öfter mal auf Partys war. Diese einzige Information bestimmte für diese Person nun mein ganzes Leben?

 

Was diese Person (sowie der Großteil aller Anwesenden) nicht von mir wusste, war, dass ich schon lange einen großen Kinderwunsch hatte, endlich schwanger war und seit dem ersten positiven Test auf alles verzichte, was meiner Schwangerschaft schaden könnte: Das Thema Party war also erledigt für mich.

 

Was diese Person(en) ebenfalls nicht wusste(n) war, dass ich vom Arbeitsamt vorgeschrieben bekam, wo und als was ich mich bewerben sollte, sonst würden mir die Leistungen gestrichen: Warum sich allerdings eine ausgebildete Mediengestalterin um eine Ausbildung zur Köchin, Call Center Agentin oder Modistin bemühen sollte, anstatt sie in einen Job zu vermitteln, konnte man mir nicht erklären.

Es herrschte Stille und alle Augen waren auf mich gerichtet. Sollte ich jetzt allen Unwissenden verkünden, dass ich unter meinem weiten Shirt eine kleine Babykugel habe? Sollte ich mich jetzt für die Anschuldigungen und Belehrungen mir gegenüber rechtfertigen?

Ich fühlte mich in dem Moment schikaniert, alleine gelassen und vorverurteilt.

Ich bekam Bauchschmerzen, konnte nicht mehr atmen und rannte aus der Wohnung. Da brachen schließlich die Tränen aus mir heraus.

 

Es tat weh.

Es tat weh, weil ich vor allen bloß gestellt wurde.

Es tat weh, weil ich vor allen Anwesenden als „die Faule“ abgestempelt wurde.

Es tat weh, weil mir Kraft und Worte fehlten, um mich zu rechtfertigen, bzw. aufzuklären, dass die "Anschuldigungen" grundlos sind.

 

Unfreiwillig wusste am Ende dieser Feier schließlich jeder, dass ich schwanger war und es hagelte Floskeln wie „Das Kind kriegen wir schon groß!“

Ich hörte heraus, dass man mir nun auch noch eine ungewollte Schwangerschaft unterstellte. Und das schmerzte am heftigsten ...

 

Vorurteile aufgrund von fehlenden Informationen, aufgrund von der geprägten Sichtweise auf Menschen und Situationen können, wenn sie geäußert werden, großen seelischen Schaden anrichten!

 

Vermutlich war es nicht mal böse gemeint, sondern einfach nur unüberlegt und empathielos, diese Gedanken auf der Familienfeier vor allen Leuten auszusprechen.

Dennoch: Wer die Absicht besitzt, wirklich helfen zu wollen, der sollte das Gespräch unter vier Augen suchen und sich erst mal gründlich informieren, bevor er seine Vorurteile laut äußert!

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Haben Menschen mit vielen Vorurteilen zu wenig Menschenkenntnis?

Menschen in Schubladen zu stecken, ist praktisch.

Wir beurteilen Menschen anhand unseres ersten Eindrucks automatisch. Wer die Fähigkeit der Menschenkenntnis besitzt, der kann den Charakter und das Verhalten eines Menschen richtig einschätzen.

 

Das richtige Gespür für Menschen bekommt man, indem man häufig mit unterschiedlichen Personen Kontakt hat. Neben der Lebenserfahrung ist eine ausgeprägte Empathie von Vorteil, um eine gute Menschenkenntnis zu erwerben: Wer sich in andere hineinversetzen kann, versteht ihre Sichtweise und kann ihre Handlungen sogar voraussagen.

 

Wer Menschen oder bestimmte Menschengruppen nur oberflächlich betrachtet, der urteilt nicht selten falsch.

 

Um nochmal zu den Beispielen vom Anfang zurückzukommen: Hättest du dir den Senior mit dem Smartphone zum Beispiel genauer angesehen, dann wäre dir vermutlich aufgefallen, dass er ziemlich sicher durch das Menü wischt und vielleicht sogar Candy Crush spielt, seine E-Mails checkt oder eine Insta-Story hochlädt.

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Was können wir gegen unsere Vorurteile tun?

Jeder Mensch hat Vorurteile.

Wer eine gute Menschenkenntnis besitzt, der wird meistens recht haben mit seinem ersten Eindruck. Doch auch mit einem guten Gespür für Menschen kann man mal daneben liegen mit seinem Vorurteil, denn alle Menschen sind unterschiedlich. Möglicherweise triffst du dann und wann auf Personen, die in keine deiner bisher kennengelernten „Kategorien“ passen. Und dann? Dann urteilst du vorschnell, oder?

 

Um eine neutrale Haltung gegenüber unbekannten Menschen und neuen Situationen zu bewahren, musst du zunächst erkennen, wenn/ dass du ein Vorurteil hast. Dein Vorurteil an sich ist zunächst nicht schlimm, solange du es für dich behältst.

Versuche darauf zu achten, dass dieser erste Eindruck nicht dein Verhalten gegen diese Person/ diese Situation bestimmt. Verschaffe dir erst mal einen Überblick, informiere dich und dann urteile.

 

Mit Vorurteilen darf niemand diskriminiert werden!

Deine Vorurteile darfst du nicht verbreiten. Denn wer zum Beispiel Unwahrheiten verbreitet, macht sich sogar strafbar.

 

Wenn du mitbekommst, wie in deinem Bekannten- oder Freundeskreis jemand einen Menschen oder eine bestimmte Gruppe beleidigt oder verletzt, mit seiner Vorverurteilung, dann ziehe nicht mit, sondern zeige, dass du das nicht in Ordnung findest. Du kannst empathielosen Menschen dabei helfen, sich in die Sichtweise des „Beschuldigten“ zu versetzen.

 

Freie Meinungsäußerung ist wichtig, jedoch gibt es Richtlinien, an die wir uns alle halten müssen! Alle Menschen sind gleichwertig und haben das Recht respektvoll behandelt zu werden, ganz egal, wie alt sie sind, wie viel sie wiegen, welche Musik sie mögen, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht sie haben und aus welchem Land sie kommen!

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Fazit

Vorurteile sind die von uns automatisch gebildeten Meinungen aufgrund des ersten (oberflächlichen) Eindrucks und unserer bisherigen Erfahrungen.

Schätzt man eine Person falsch ein und äußert sein Vorurteil, dann kann man damit Menschen sehr verletzen, ausgrenzen und diskriminieren.

 

Menschenkenntnis hilft dabei, Personen richtig einzuschätzen. Doch auch jemand mit einem guten Gespür für Persönlichkeiten kann mal daneben liegen, denn: Alle Menschen sind unterschiedlich. Es gibt durchaus Charaktere, die nicht in eine der "typischen Kategorien" passen.

 

Erkenne deine Vorurteile und versuche dich erst zu informieren, bevor du vorschnell urteilst.

Wenn du mitbekommst, wie andere mit ihren Vorurteilen Menschen verletzen, dann hinterfrage ihre Anschuldigungen (Ist das wirklich so?) und hilf ihnen mit deiner Empathie, sich in andere Charaktere hineinversetzen zu können.

Feedback

  • Hat man dich aufgrund von Oberflächlichkeiten auch schon vorverurteilt?
  • Wenn du sehr oft falsch eingeschätzt wirst, dann passt du vermutlich in keine der "typischen Kategorien". Findest du das besonders, so außergewöhnlich zu sein? Oder wärst du lieber jemand, der "durchschaubar" ist?
  • Wie gehst du mit Vorurteilen gegen dich um?
  • Was machst du gegen deine persönlichen Vorurteile?

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